Beobachtungen zur Bedeutung des Gruppenduftes auf das Verhalten von Farbmäusen

Fufu

mausgrau
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Seit ich Farbmäuse halte beschäftigt mich die Frage, ob es den postulierten Gruppenduft überhaupt gibt und welche Bedeutung diesem in Bezug auf das Gruppenverhalten von Farbmäusen tatsächlich zukommt.

Gegen die Gruppendufttheorie als einziges Moment spricht meiner Ansicht nach das im Laufe einer VG immer wieder zu beobachtende aggressive Verhalten einzelnder Mäuse, obwohl sich inzwischen dieser Gruppenduft doch schon längst eingestellt haben dürfte.

Dazu habe ich folgende Beobachtungen gemacht:

Beobachtung 1: Ein Farbmauskastrat aus einer stabilen Gruppe von insgesamt 6 Kastraten und 3 Mädeln hat Kontakt zu einer gruppenfremden Maus. Der Kontakt dauert nicht länger als 5-10 Minuten. Die Rückkehr in die ursprüngliche Gruppe löst fast augenblicklich eine Jagd auf diesen Kastraten aus, der vollkommen verstört und quietschend vor seinen eigenen Gruppenmitgliedern flüchten muß. Innerhalb von 5-10 Minuten wird die Gruppenzugehörigkeit durch Beschnüffeln im Anogenitalbereich, also am Po, und an der Schnauze überprüft und die Jagd auf den Kastraten endet so plötzlich, wie sie begonnen hat.

Beobachtung 2: Zwei weibliche Mäuse brechen in das Gehege der oben genannten Gruppe ein. Augenblicklich, ja geradezu blitzartig, wird die Jagd auf die gruppenfremden Mäuse eröffnet und diese durch heftige Verfolgungsjagden wieder aus dem Gehege vertrieben. Ist die gruppenfremde Maus nicht schnell genug, wird sie am Po ins Fell gekniffen und die Maus flüchtet - den Angreifer hinter sich herziehend - quietschend aus dem fremden Revier. Anschließend scheinen die Kastraten geradezu Wache zu halten. Abwechselnd beobachten die Mäuse die zwei Zugangsöffnungen, indem sie sich in der Nähe dort niederlassen, um bei einem erneuten Eindringen sofort zur Stelle zu sein. Nur Kastraten sind an der Jagd beteiligt.

Nach wochenlangen Versuchen der fremden Mäuse, sich in dem fremden Gehege aufhalten zu können, schwächt sich die Reaktion der Revierinhaber ab. Die fremden Mäuse werden zwar immer noch aus dem Gehege gejagt, aber mit deutlich geringerem "Nachdruck". Die Vertreibungsgeschwindigkeit wird langsamer und die Zeiträume, ehe die Jagd beginnt, werden länger. Man bekommt fast den Eindruck eines "pflichtschuldigen" Verhaltens, die fremden Mäuse werden routinemäßig, aber ohne großes Engagement vertrieben.

In der nächsten Phase kommt es zu freundlichen Kontakten an der Reviergrenze. Die fremden Mäuse werden dort geduldet und freundlich beschnüffelt, v.a in der Anogenitalregion, aber auch im Bereich der Schnauze. Es entwickelt sich ein Begegnungsort der freundlichen Kontaktaufnahme. Wagen sich die fremden Mäuse weiter in das Gehege vor, werden sie weiterhin vertrieben.

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Die eindringende Maus wartet darauf "abgeholt" zu werden.

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Der Kastrat wartet auf seinen "Besuch". "Kommt da wer?"

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Vorsichtige Annäherung - Kastrat unten sitzend, fremde Maus auf Ast erhöht sitzend.

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Man kommt sich näher - Kastrat im Vordergrund, fremde Maus dahinter.

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Störung durch den Halter.

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Eindringende Maus beschnüffelt "ihren" Kastraten am Po.

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Zärtliche Kontaktaufnahme? Berührung an der Schnauze. Kastrat links, eindringende Maus rechts.
 
Fortsetzung ...

Die letzte Phase ist dadurch charakterisiert, daß ein Teil der Kastraten fortfährt, die fremden Mäuse zu verjagen, während mindestens zwei Kastraten - offenbar während der fruchtbaren Zeit - die Mäuse auch auf der Freßebene dulden und dort über Stunden hinweig ein Paarungsverhalten zu beobachten ist.

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Paarungsverhalten auf der Freßebene

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Die Paarung ist höchst freiwillig - schließlich ist die Maus unter Überwindung großer Widerstände dort hingelangt.

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Die zwei beteiligten Kastraten wechseln sich ab und der Untätige wartet jeweils ab, bis er wieder an der "Reihe" ist.
Abwartender Kastrat links im Bild.

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Nach der Paarung interessiertes Beschnüffeln.
 

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Fortsetzung ...

Bebachtung 3: Ein Kastrat der Gruppe wird mit zwei vollkommen neuen, jungen weiblichen Mäusen vg. Der Kastrat hatte die Gruppe ca. 1 Woche vor dieser VG verlassen. Nach weiteren 3 Tagen wird ein zweiter Kastrat aus der ehemaligen Gruppe zu den 3 Mäusen gesetzt, wobei die beiden Kastraten (beides Brüder) vorher in einem Pullover zusammengebracht wurden, wo keines der Tiere eine Fluchtmöglichkeit hatte. Das Beschnüffeln (anogenital und an der Schnauze) löst kein aggressives oder Fluchtverhalten aus, was sich auch im VG-Gehege so bestätigt. Die Kastratenbrüder verhalten sich, als seien sie nie getrennt gewesen. Allerdings attackiert der neu dazugekommene Kastrat vorübergehend die ihm unbekannten weiblichen Mäuse. Nach einigen Stunden liegen alle 4 Mäuse in der Schlafhöhle und es können keine aggressiven oder angstlichen Verhaltensweisen mehr beobachtet werden.

Nun werden alle zwei Tage ein weiterer Kastrat und zum Schluß die Mädel der ursprünglichen Gruppe dazugesetzt. Trotzdem sind keine erneuten aggressiven Verhaltensweisen gegenüber den jungen Mädeln zu beobachten. Je mehr Kastraten der ursprünglichen Gruppe beieinander sind, desto ruhiger verläuft das Dazusetzen eines neuen Kastraten der ursprünglichen Gruppe. Immer jedoch werden die ursprünglich gruppenfremden jungen Mädel von den neu dazu gesetzten Kastraten als "fremd" erkannt und ausgiebig beschnüffelt. Die ursprünglich gruppenfremden Mädels zeigen dabei wiederkehrend zu Beginn Reaktionen, die ich als Angst interpretiere.

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Die ursprünglich gruppenfremden Mäuse verstecken sich mit angelegten Ohren bei Ankunft eines neuen Kastraten ...

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... oder suchen erhöhte Gebiete im Gehege auf.
Hier versucht sogar die eine Maus auf ihre Gefährtin zu klettern.

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Irritiertes, vorsichtiges Beschüffeln. In Bildmitte die beiden ursprünglich gruppenfremden jungen Mäuse.

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Neuer Kastrat im Vordergrund, ursprünglich gruppenfremde junge Maus oben links.

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Dieselbe junge Maus jetzt vertraut mit dem Kastraten.

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Die gesamte Gruppe zurück im ursprünglichen Gehege, das unverändert gelassen wurde.


Zusammenfassende Gedanken: Aus diesen Beobachtungen schließe ich, der Gruppenduft könnte Teil eines "olfaktorischen Schnellwarnsystems" sein, mit dem gruppenfremde Tiere blitzartig erkannt und reflexartig vertrieben werden können. Das funktioniert folglich auch, wenn einer zur Gruppe zugehörigen Maus - wie im ersten Beispiel - ein fremder Duft anhalftet.

Darüberhinaus scheint es den Mäusen aber möglich, durch Beschnüffeln in der Anogenitalregion und an der Schauze, einzelne Mäuse individuell identifizieren zu können. Die Reaktion auf die Begegnung folgt dann offenbar der individuellen Vorliebe oder Abneigung der jeweiligen Maus, auch unabhängig von dem einer Maus anhaftenden Gruppenduft. Auch kann die Reaktion auf eine Veränderung des Duftes einer Maus (z.B. nach Kontakt mit einer fremden Maus) durch das Identifizieren ihrer individuellen Geruchsnote verhindert werden. In keinem der Beispiele wurde übrigens ein geruchsneutrales Gehege verwendet.

Bei der VG nach unseren Methoden wird nicht nur das Entstehen eines Gruppenduftes gefördert, sondern es wird darüberhinaus das reflexartige Verjagen der geruchsfremden Maus durch Platzmangel unterbunden und damit das gegenseitige "Kennenlernen" der Tiere begünstigt. Wenn allerdings Mäuse eine individuelle Zu- oder Abneigung zueinander entwickelt haben, dann scheint der Gruppenduft nur noch eine untergeordnete Rolle zu spielen.
Viele Grüße
Fufu
 

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ehrlichgesagt...
Es ist schwer zu verstehen, um was es dir geht.

Beobachtung 1: Kastrat, der nach Kontakt mit einer fremden Maus, wieder zurückkehrt, wird für eine kurze Zeit kontrolliert und gejagt.
meine Meinung: normales Verhalten. Die kurze Kontaktzeit hat gereicht, um seinen eigenen Duft zu verändern. So passt er nicht mehr zu 100% in die eigene Gruppe und wird erstmal als "riecht komisch" eingestuft. Ähnliche Beobachtungen können ja gemacht werden, wenn eine Maus aufm TA-Behandlungstisch saß und dann wieder zur Gruppe zurückkehrt [Da wird allerdings das Verhalten durch die Transportbox-Enge gemildert].
ist bestimmt abhängig von der Toleranz der Gruppe gegenüber "Duft-Abweichungen" und auch von der Stabilität der Gruppe.
Ist für mich eher ein Beweis FÜR den Gruppenduft als dagegen.

Beobachtung 2: 2 Mäuse brechen immer wieder in ein fremdes Revier ein. So, wie es die klassische Gruppenduft-Theorie vermuten lässt, werden die Eindringlinge verfolgt.
Die nachfolgende Geschichte - sie werden langsam aber sicher akzeptiert - spricht doch auch für den Gruppenduft: Der Duft der Weibchen verbleibt im Revier, die anderen Mäuse lernen den Duft kennen, merken, dass die Weiber keine offensive Bedrohung darstellen, da sie immer in die Flucht geschlagen werden können.
Da sie sich langsam bekannt werden, wenn auch mit Jagereien, nehmen die Verteidigungen ab.

Beobachtung 3: absolut unübliches und ungünstiges Vorgehen. Ich versteh nicht ganz, warum man das so macht. Aber gut.
Auch hier: Spricht nicht gegen den Gruppenduft.
Hier ist zu beobachten, dass der Kontakt mit völlig fremden Mäusen wie erwartet abäuft: Sie sind fremd, sie werden beschnüffelt, "wer bist Du? Wie riechst Du? bist Du lieb?"
Je mehr "Überhang" der alten Gruppe entsteht, desto stärker ähnelt der neue Gruppenduft ( da ja zwei neue Weiber dabei sind) der alten Gruppe.
Die Mäuse werden einzeln betrachtet an ihrem Geruch erkannt, die Gruppe ist hauptsächlich friedlich, da ja der Gruppenduft weitestgehend Vertrautheit vermittelt. Die zwei neuzügänge werden als neu erkannt und verstärkt kontrolliert, aber nicht vertrieben. Da sie sich in den Gruppenduft einfügen.

Natürlich darf man sich da auch nicht nur auf den Gruppenduft einschießen. Körpersprache und Verhalten beeinflusst das auch, wie ein Zusammentreffen abläuft.
So können Maus A auf neue Maus B treffen. Wenn Maus B total unterwürfig agiert, kann sie noch so anders riechen- es wird dennoch eine schnelle Akzeptanz erfolgen. Vermutlich ohne offensichtliche offensive Rangklärungen.

Wieso zweifelst Du am Gruppenduft?
Ich glaube, Du verstehst den Gruppenduft als starres Duftgebilde und jede Maus würde so riechen.
aber so ist es nicht.
Abstrahiert kann man es so erklären:
Maus A riecht nach A.
Maus B riecht nach B.
Maus C riecht nach C.
Maus D riecht nach D.

Maus A, B und C bilden eine Gruppe. Diese Gruppe hat - vereinfacht gesagt - den Duft ABC. Das ist aber nur der Gruppenduft. Die Einzelmäuse riechen immernoch nur nach A, nur nach B und nur nach C.
sie werden anhand ihres Einzeldufts erkannt. Ihr Einzelduft führt zu einem Gesamtduft des Reviers.
Natürlich könnte man das auch sehr getrennt sehen - es gibt keinen Gruppenduft, Mäuse lernen, wie vertraute Mäuse riechen und erkennen sie daran.
Den Gruppenduft an sich muss es aber geben, da das Revier nach allen Mäusen riecht.

So wird Maus D auch als unbekannt und potentiell gefährlich eingestuft, wenn sie in das Revier ABC eindringt. Sie passt nicht zum Revierduft und auch der Mausgeruch selbst ist singulär betrachtet neu.
Das Verhalten der ABC-gruppe wird aber weniger offensiv, wenn der Gruppenduft/Revierduft weg ist. Sprich: VG auf neutralem Boden. Da wird Maus D immernoch als fremd erkannt (dafür aber erkennen sich Maus A, B und C anhand des Einzelgeruchs), aber nicht verjagt. Da das verteidigungswürdige Revier auf einmal "fehlt", bzw durch ein neu-Revier ersetzt wurde.

Es ist dann natürlich unkorrekt zu sagen "Bei einer VG ist es wichtig, langsam vorzugehen, damit alle Mäuse den Gruppenduft annehmen" (korrekt: "Bei einer VG muss langsam vorgegangen werden, damit alle Mäuse die gegenseitigen mauseigenen Düfte kennenlernen und daraus für das gemeinsame neue Revier ein Gruppenduft gebildet wird")
bzw "Eine Maus darf nicht zu lange von der Gruppe getrennt sein, da sie den Gruppenduft verliert". (korrekt: "Eine Maus darf nicht zu lange von der Gruppe getrennt sein, da so der mauseigene Duft verfälscht wird und dieser dann nicht mehr on den anderen Mäusen erkannt werden. So riecht die Maus geringfügig anders und wird deshalb sicherheitshalber verjagt. Ebenfalls passt sie nicht mehr zum Revierduft und wird aus dem Revier verjagt.")

Irgendwie liegt dein Problem eher in der Begrifflichkeit des Gruppendufts als in der Existenz dessen.
wir sind uns ja faktisch einig, dass Mäuse:
- einen persönlichen Eigengeruch haben
- sie sich an diesem Eigengeruch erkennen
- sie aus diesem Eigengeruch in der Gruppe einen Kollektiv-Geruch bilden (Ich nenns mal Revierduft)

Und das als gesamtes betrachtet wurde bisher als "der Gruppenduft" betitelt...
Evtl sollten wir da also in Zukunft eher auf korrektere, abgrenzende Begriffe achten und nichts verschludern.

Lumi
 
Hallo Lumi,
die drei Beipiele waren zunächst ja nur Beschreibungen meiner Beobachtungen. Die Gedanken dazu habe ich dann am Schluß unter "zusammenfassende Gedanken" versucht zu vermitteln. Aber vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt? Jetzt versuche ich es noch einmal in anderen Worten.

Beispiel 1 hat mich selbst (gut, andere wissen es schon länger, :D) davon überzeugt, daß es diesen Gruppenduft ganz offensichtlich gibt. Wie Du, stelle auch ich mir vor, daß dieser Gruppenduft sich aus den individuellen Geruchskomponenten der einzelnen Gruppenmitglieder zusammensetzt.

Mein (neuer) Gedanke war, ob der Sinn dieses Gruppenduftes nicht sein könnte, blitzschnell revierfremde Mäuse identifizieren und dann aus dem Revier verjagen zu können - ohne groß "nachdenken" zu müssen, sozusagen. Der Gruppenduft erspart den Mitgliedern, sich ständig zu beriechen und identifizieren zu müssen. Deshalb habe ich das "olfaktorisches Schnellwarnsystem" genannt und Beispiel 1 belegt das, meiner Meinung nach, sehr gut. Die Mäuse scheinen "reflexartig" auf alles, was "fremd" riecht, loszugehen - selbst wenn es ein Gruppenangehöriger ist, dem dummerweise jetzt ein "falscher" Geruch anhaftet.

Aber dieser Gruppenduft ist - meiner Überlegung nach - nicht alleine ausschlaggebend für die Reaktion der Mäuse aufeinander.

Dafür ist auch Beispiel 1 ein guter Beleg: Nach exaktem Beschnüffeln, wurde der "komisch riechende" Kastrat problemlos als Gruppenmitglied identifiziert und die Jagd auf ihn sofort beendet. Er roch zwar auf den "ersten Blick", also bei oberflächlicher Geruchsprobe "fremd", bei genauerem "Betrachten", also Beriechen wurde er aber eindeutig als bekannt eingestuft.

Ebenso im 3. Beispiel: Ich denke, daß bei zunehmder Anzahl der alten Gruppenmitglieder der Geruch der neuen Mäuse sich schon dem vertrauten Gruppenduft angeglichen hatte, weswegen die neu dazu gesetzten Kastraten dann nicht mehr reflexartig auf diese Mäuse losgegangen sind. Trotzdem wurden genau diese Mäuse einer strengen Geruchskontrolle unterzogen, eben weil deren Individualduft den dazugesetzen Mäusen noch nicht bekannt war. =)

Im zweiten Beispiel - und da bin ich nicht Deiner Meinung - hat die individuelle Vorliebe einiger Kastraten für die einbrechenden Mädels - trotz (!) fremden Gruppenduftes (die hatten nämlich ihre eigene Gruppe, bei der sich sich schwerpunktmäßig auch aufhielten) sogar zur Verpaarung geführt. Ist doch erstaunlich!

Also meine ich, daß die Bildung des Gruppenduftes v.a. am Anfang einer VG sehr wohl eine große Rolle spielt und daß ein Abweichen vom Gruppenduft offenbar in der Regel zu reflexartigem Angriffs- (oder auch Flucht-) verhalten führt. Aber, und das finde ich gerade spannend, scheint es so, daß sich Mäuse bei genauerer Beschnüffelung sehr wohl individuell erkennen (nennen wir es mal am "Individualduft") und dann ein Verhalten auftreten kann, das vom Gruppenduft unabhängig ist. =)

Was ich noch nicht wirklich verstehe ist, ob und wenn ja warum die Mäuse den Individualduft einer anderen Maus nach einer gewissen Zeit zu vergessen scheinen. *grübel*

Warum mir das so wichtig ist? Weil man es vielleicht einsetzen könnte.

Zu Deiner impliziten Frage, warum ich bei Beispiel 3 so vom Standard einer VG abgewichen bin: Ganz bewußt habe ich diesen Thread jetzt im Themenbereich "Kontroverse Diskussionen" gepostet. Bei der VG experimentiere ich seit geraumer Zeit mit unterschiedlichen Lösungsansätzen und probiere sie aus. Solange ich nur rumprobiere, sag ich auch nichts dazu. Aber wenn ich den Eindruck habe, da kommt was bei heraus, was vielleicht wirklich einer Überlegung wert ist, dann bemühe ich mich, das mitzuteilen und zur Diskussion zu stellen. Also meine Frage ist, ob und wann es sinnvoll sein könnte, das Vorgehen bei einer VG zu variieren.

Kleingedrucktes (ist für das eigentliche Thema irrelevant):
In dem erwähnten Beispiel ging es um zwei Spunkmädel, die wegen einem sehr berechtigten Verdacht auf Leukose, schon Wochen zu zweit saßen, weil sie nicht ohne Risiko für andere Mäuse vg werden konnten. Es war vorgesehen zu warten, bis eine der beiden stirbt und diese Maus dann nach ihrem Tod untersuchen zu lassen. Sie taten mir so Leid und da ich eine ganze Gruppe von Mäusen hier habe, die aus dem selben Notfall stammen, dachte ich, man könnte die Zwei der Gruppe irgendwie "unterjubeln". Ich verkürze: Es ging total daneben. Da die Kastratengruppe in Beispiel 3 durch die Einbrecherinnen ja sowieso schon Kontakt mit Leukosemäusen hatte, war der zweite Versuch, die Neuen in die Kastratengruppe einzuschleusen. Das ging zunächst auch schief - weil ich nicht wie üblich vg wollte, also den Mäusen alles Vertraute nehmen und wieder bei Null beginnen. Es kam mir "ungerecht" diesen Mäusen gegenüber vor, zudem in der Gruppe auch eine Tumormaus lebt, die jetzt nicht noch zusätzlich gestreßt werden sollte. Das Ganze eskalierte dahingehend, daß ein Kastrat dieser Gruppe regelmäßig aus dem Gehege auszubrechen begann und die Spunkkastaten der andern Gruppe aus deren Gehege vertrieb. Also mußte dieser Kastrat "einkassiert" und neu untergebracht werden, jetzt ausbruchssicher. Spontan habe ich den dann erst mal mit den jungen Mäusen zusammengesetzt.

Damit hatte ich ungewollt eine vierte Mäusegruppe aus drei Mäusen - also für eine Gruppe viel zu klein. Der Bau eines vierten Geheges in der Küche stand also an. Da kam mir die Idee, jetzt zu den drei Mäusen, alle zwei Tage ein Mitglied der alten Gruppe dazuzusetzen und das Gehege in der Zwischenzeit ausbruchssicher umzubauen. Das Ergebnis war gut. Die VG hat ca. 2 Wochen gedauert. Bis auf die Auseinandersetzung mit Kastat Nr. 2 gab es keine Jagereien, keine Beißereien - nichts. Die Gruppe wurde nach 2 Wochen wieder ins ursprüngliche, inzwischen ausbruchsichere Gehege zurückgesetzt, ohne das Gehege ausräumen zu müssen. Also irgendwie sind die zwei Mädel da sehr schnell und unkompliziert, in kürzester Zeit und ohne viel Aufwand - und v.a. mit minimalem Streß für die anderen Mäuse - integriert worden. Es könnte also ein Weg sein, wie man wenige Mäuse in eine größere, bestehende Gruppe integrieren kann, ist doch zumindest eine Überlegung wert?

Genau aus dem Grund, den Du auch genannt hast: "Je mehr "Überhang" der alten Gruppe entsteht, desto stärker ähnelt der neue Gruppenduft ( da ja zwei neue Weiber dabei sind) der alten Gruppe. Die Mäuse werden einzeln betrachtet an ihrem Geruch erkannt, die Gruppe ist hauptsächlich friedlich, da ja der Gruppenduft weitestgehend Vertrautheit vermittelt. Die zwei neuzügänge werden als neu erkannt und verstärkt kontrolliert, aber nicht vertrieben. Da sie sich in den Gruppenduft einfügen."

Eben das habe ich versucht "einzusetzen". Die Tumormaus wurde übrigens als letzte, gemeinsam mit der vorletzten, anderen weiblichen Maus dazugesetzt, hatte also den geringsten Streß und war am kürzesten in der fremden VG-Box. =)
Viele Grüße =)
Fufu
 
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