Wer hat hiermit schon Erfahrungen gemacht und kann etwas dazu sagen?
Hallo,
Babyjungs sind meiner Sicht nach sogar die beste Variante. Ich selbst empfehle das auch so, wenn wirklich ein Bock unkastrabel ist. Das Böckchen muß sehr jung sein (26 bis 28 Tage alt), gewöhnlicherweise geht man davon aus, daß Böckchen ab dem 30. Tag geschlechtsreif werden. Vor dem 26. Tag sollten Mäusekinder nach Möglichkeit nicht von der Mama getrennt werden, das günstigste Zeitfenster ist also verdammt klein!
Ich schätze die Chancen größer, daß ein unkastrierter, erwachsener Bock solch ein nicht geschlechtsreifes Babyböckchen akzeptiert, als bei einer VG zwischen unkastriertem Bock und lange kastriertem Kastraten. Aber hierbei kommt es auch ein bißchen auf den jeweiligen Fall an:
Ein Mickerling-Bock mit winzigen Hoden, gerade so als Männchen zu erkennen, der kaum nach Bock riecht, kein Sexualverhalten zeigt, kein Aggressionsverhalten zeigt, den man aber trotzdem nicht aus Verantwortung mit Mädels vergesellschaften würde, der aber aufgrund seiner Winzigkeit oder Kränklichkeit als nicht kastrabel eingestuft wird --- der würde vermutlich auch mit einem lange kastierten Kastraten zurechtkommen, aber auch mit einem ganz jungen Babybock, das später kastriert wird. Der fremde Kastrat würde ihn vermutlich nicht für voll nehmen.
Ein gesunder, normal entwickelter Bock, der nur aufgrund seines Alters als nicht kastrabel gilt, würde hingegen ein ganz junges Babyböckchen eher akzeptieren als einen Kastraten.
Manche Kastraten können über ein Jahr kastriert sein und akzeptieren weder fremde Kastraten noch fremde Böcke! Natürlich gibt es lange kastrierte Kastraten, die sich mit anderen Kastraten oder Böckchen arrangieren können, aber pauschal kann man nicht sagen, daß ein lange kastrierter Kastrat zu anderen Jungs vergesellschaftet werden kann.
(Ich gehe hierbei davon aus, daß man es mit der "normalen" VG-Methode versucht, also die Mäuse auf neutralem Platz zusammenbringt und die VG abbricht, sobald Beißereien auftreten. Solche "Hilfmittel" wie winzige Faunaboxen, in der die Tiere tagelang ausharren, bis sie so gestreßt sind, daß sie quasi überhaupt kein Sozialverhalten mehr zeigen, oder tagelanges in der Badewanne Schmorenlassen nur mit einem Waschlappen sollte man im Sinne der Tiere niemals anwenden.)
Aber bei einer VG mit männlichen Mäusen ist immer Vorsicht und Fingerspitzengefühl angesagt. Ich kannte einen alten Kastraten, der am Ende aus seiner Gruppe übrigblieb, er war fast 2 Jahre alt und über 1,5 Jahre lang kastriert, und er konnte nicht mit anderen, ebenso alten Kastraten vergesellschaftet werden --- er hat sich einfach nicht mit männlichen Mäusen arrangieren können (hätte man es gar statt mit fremdem Kastrat mit fremdem Bock versucht, wären die Aggressionen vermutlich noch schlimmer gewesen). Solche Kastraten sollten mit Weibchen vergesellschaftet werden.
Anderer Fall: ein 2jähriger Bock wurde abgegeben, hat sein ganzes Leben allein gelebt als Einzelmaus und kam wegen seines Alters nicht für eine Kastration in Frage. Hier war es ideal, ihn mit einem 26 Tage alten Babyböckchen zu vergesellschaften, das dann mit 2 Monaten bzw. ab 30 g kastriert wurde.
Wie gesagt: einen unkastrablen Bock würde ich eher mit Babyjunge als mit einem Kastraten vergesellschaften, vor allem einen Bock, der normal entwickelt ist (also normales Sexual- und Aggressionsverhalten zeigt) und nur wegens seines Alters nicht kastrabel ist. Der Babybock muß aber auf jeden Fall später kastriert werden, und bis dahin leben sie unter "Böckchenbedingungen" auf wenig Platz und in einem Raum, in dem keine Weibchen leben. Diese Konstellation finde ich auch deswegen günstig, weil der Kastrat dann in der Regel übrigbleibt (da der Bock ja schon deutlich älter war) und danach mit Mädchen vergesellschaftet werden kann --- minimaler Stress für alle Beteiligten.
Aber weil garantiertes Gelingen einer solchen VG zu schön wäre, um wahrzusein, hier das Gruselbeispiel:
Ich habe einen Fall erlebt, bei dem ein Babybock totgebissen wurde. Die VG hatte zuvor prima geklappt, erst nach einer Woche gab es aus dem Nichts heraus dieses Ende. Ich bin in Sachen VG unter Böckchen einfach ein gebranntes Kind und verzichte auch deswegen nach Möglichkeit darauf, männliche Mäuse untereinander zu vergesellschaften. *seufz*
Deswegen schreibe ich immer: gerade bei einer VG mit männlichen Mäusen braucht es Aufmerksamkeit, Fingerspitzengefühl und permanente Wachsamkeit.
Manchmal geht es aber nicht anders, und ehe ein alter, nicht kastrabler Bock alleine sterben muß, sollte man es mit einem ganz jungen Babybock versuchen. Die Chancen sind gut. Artfremde Gesellschaft sollte die letzte Wahl bleiben. Bei den ganzen Unfallwürfen ist es meistens nicht allzu problematisch, einen Babybock in genau diesem Alter aufzutreiben.