Zutraulich am Lebensende

mareiike

Mäusemama
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Moin,

im Regenbogen-Forum finden sich einige Berichte, dass bisher scheue und zurückhaltende Mäuse an ihrem Lebensende plötzlich sehr zutraulich und anhänglich werden. Wir haben das in letzten Monaten (leider) mehrmals erlebt, mal wurden sie nur wenige Tage, mal einige Wochen vor ihrem Tod ungewohnt menschenbezogen.

Warum suchen manche Mäuse auf einmal Wärme und Kuscheleinheiten bei uns Menschen und nicht mehr bei Ihrer Gruppe? Wissen sie, dass Ihr Ende naht? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie gezielt Hilfe suchen, denn unsere Hilfe ist ja meist eher unangenehm für die Kleinen (Fangen und Einsperren in eine Transportbox, Festhalten beim Tierarzt, Spritzen, Salben...).

Warum kriecht eine Maus mit letzter Kraft auf meine Hand, um von dort aus den Weg über die Regenbogenbrücke zu gehen, anstatt bei den anderen in ihrem vertrauten Nest zu bleiben?*Abschied*

Hat jemand eine Idee, woher dieses Verhalten kommt?

Viele Grüße,
Mareiike
 
Hallo Mareiike,

das Phänomen ist mir auch schon begegnet. Mäuse, die ihr ganzes Leben kaum was mit mir zu tun haben wollten, kommen auf einmal ganz zutraulich auf die Hand. Ich hatte auch einen Fall, dass ein Mäuseopa ganz friedlich seinen Mittagsschlaf auf meiner Hand gehalten hat. Da wusste ich, es wird wohl nicht mehr lange dauern bei ihm.

Zum einen denke ich, dass sich bei den ganz Alten eine gewisse Wurschtigkeit einschleicht, nach dem Motto: Weglaufen bringt jetzt auch nichts mehr. Zum anderen ist mir aufgefallen, dass gerade sehr alte Mäuse gerne Wärme suchen. Und so eine warme Menschenhand unterm Bauch stelle ich mir da schon recht gemütlich vor. Wenn ich Senioren dahabe, gebe ich ihnen gerne eine Wärmflasche mit Küchentuch ins Gehege, die meisten nehmen das wirklich gerne an (Knabbersicher und dicht und natürlich nur mit warmen Wasser, nicht mit kochendem). Dann legen sich die jüngeren manchmal auch gerne dazu.

Ja, Mäuse halten ist schon eine harte Sache. Kaum sind sie richtig da, sind sie auch schon wieder weg.

Liebe Grüße
Gringu
 
harte Sache. Kaum sind sie richtig da, sind sie auch schon wieder weg.

wohl wahr!!

Ich hatte neulich aus einer Wohnungsräumung viele sehr kranke bekommen. Und als sich manche von der Medikamente gebenden Hand gar nicht mehr runter wollten, sondern sich dort eingekuschelt haben, wusste ich Bescheid…
Manche packen sich extra zu den anderen, andere suchen eher Abstand.

(und manche merken beim Medikamentieren, dass das gut über lebbar ist und entwickeln die genannte Wurstigkeit. Andere finden es täglich schlimmer, zum Glückist da seltener. Und in der Mitte liegt, was ich gerade habe, dass von dem ausgehandelte Kompromiss kein Deut abgewichen wird, bis hierhin und nicht weiter!)

Mareiike, das war ja ein herzergreifender Abscheid! *Abschied**knuddel*
 
Hallo Gringu, hallo Stefanie,

danke für Eure Antworten. Die Idee mit dem Wärmekissen finde ich gut, da werde ich mir auch mal eines besorgen. Es geht ja leider immer so schnell, dass aus jungen Mäuschen ältere Senioren werden. Ein Schläfchen in Hand/Kragen/Ausschnitt kenne ich auch, da muss man schon vorher überlegen, wie viel Zeit man hat, bevor man das Gehege öffnet :) Trotzdem ist es immer wieder rührend, wie viel Vertrauen die Kleinen an den Tag legen, dass sie extra angelaufen kommen, um auf uns einen Kuschel- und Schlafplatz zu finden....

Viele Grüße,
Mareiike
 
nicht alle...
Und dann ist das sehr kostbar!!
Ich hatte eine, die hat das eingeklagt, mehrfach täglich. Und leicht gezwickt, wenn's genug war, das war echte Kommunikation! (Das war aber eh eine Jahrhundertmaus - leider auf Hospiz...)
 
Ja wir hatten das auch mehrfach, allerdings immer etwas anders.

Ich hab mir das so erklärt: Instinkt.

Die Tiere merken ähnlich wie bei uns Menschen, dass es ihnen vielleicht auf den letzten Tagen nicht mehr ganz so gut geht. Irgendwas tut einem weh oder läuft nicht mehr so wie damals...

In der Natur würde sich die Gruppe in Gefahr begeben, wenn schwache Tiere den Aufenthaltsort des Nestes verraten, nur weil eines es nicht rechtzeitig in den Bau schafft.
Daher werden diese Mäuschen entweder vertrieben, die Gruppe wechselt die Eingänge durch oder aber die Schwachen verlassen den Bau, um sich (traurigerweise) für die Gruppe zu opfern.

Ganz so extrem ist es bei den Farbis ja nicht, dass hinter jeder Ecke gleich der Feind sitzt (außer man hat eine entsprechende Vorgeschichte mit dem Tier), aber ich denke dennoch, dass es reinspielt.
Meist werden die Tiere aber auch Gewohnheitstiere. Merk ich bei meinen immer total. Irgendwann denken die sich auch "ach die schon wieder" und ignorieren mich weg oder sagen dann doch Mal hallo wegen einem Leckerchen, dass plötzlich nach all der Zeit unerwarteterweise in der Hand liegt *pieks*
Und ich glaub auch Demenz bei den Tieren ist nicht so weit weg... Da hat man auch die ein oder andere Verhaltensänderung *Baguette*
 
ich hatte es auch schon, dass Kranke/ Sterbende ganz liebevoll von den Mitmäusen betuddelt wurden.
Und manche sind völlig verpeilt - entweder gut integriert, oder isoliert...

Die alte Frage: Was (bei etwas/ Verhalten) ist Instinkt? Was Intelligenz? Was Persönlichkeit? Was "Erziehung", also gruppenüblich (und da spielen auch wir mit)?
 
ich hatte es auch schon, dass Kranke/ Sterbende ganz liebevoll von den Mitmäusen betuddelt wurden.
Und manche sind völlig verpeilt - entweder gut integriert, oder isoliert...

Die alte Frage: Was (bei etwas/ Verhalten) ist Instinkt? Was Intelligenz? Was Persönlichkeit? Was "Erziehung", also gruppenüblich (und da spielen auch wir mit)?
Ich würde sagen ja. Zumindest was so die gängigen Fütterungszeiten und so angeht. Hatte eine Maus, die wurde immer etwas böse, wenn man ihrer Meinung nach zu spät da war...
 
Hallo ihr Lieben,
wie oft im Leben, denke ich, dass ein zutrauliches Verhalten am Ende des Mauselebens mehrere Gründe haben kann. Ich hatte vor einiger Zeit eine Gruppe Spunks aufgenommen und ihnen eine Gruppe recht wilder Kasträtchen dazugeschenkt. Seitdem gab es mehrere Krankheitsfälle und vor allem die Kasträtchen kränkeln erheblich und werden halt jetzt auch alt.

Eine sehr kranke Spunk die überdies sehr, sehr scheu war, ist in ihren letzten Lebenstagen ungerührt in der Küche herumspaziert. Ich konnte sie sogar fangen. Auch ist mir oft aufgefallen, dass kranke Mäuse, wenn es zum Ende hingeht, sich einfach offen ins Gehege legen. Ich weiß, dass im Sterbeprozess die Thermoregulation (Wärmehaushalt) verrückt spielt und kurz vor dem Tode ist es den Tieren dann zu warm, obwohl sie sich gleichzeitig oft kühl anfühlen. Vermutlich flüchten sie zur "Abkühlung" aus der Schlafhöhle. Manchmal denke ich aber auch, dass das Verhalten eine Art versuchter "Suizid" sein könnte, weil in der Natur würde die Maus nicht sehr lange dort liegen.

Ein anderer Grund ist, da stimme ich Stefanie zu, eine Art Gleichgültigkeit, oder besser: Die Maus hat gar keine Kraft mehr, sich um so was wie Flucht zu kümmern, weil sie mit Grad-noch-leben beschäftigt ist. Viele, vorher total scheue Mäuse merken aber auch, dass vom Menschen Gutes kommt. Schließlich bekommen die Mäuse von uns Päppelbrei und Extra-Energieportionen. Hier bei mir versammeln sich die früher so scheuen Alten und Siechen abendlich um den leeren Breinapf und warten, dass "es" passiert. Sie haben längst gelernt, dass die eintretende "Unruhe" im Gehege Gutes bedeutet.

Und dann übersehen wir gerne, wie genau Mäuse ihre Umgebung beobachten und alles registrieren, was passiert. Ich habe oft den Eindruck, dass manche irgendwann "Hilfe-der-Mensch-kommt" eher nur spielen, und im Grunde genau wissen, dass ihnen nichts Schreckliches passieren wird. Das Vertrauen zu uns ist früher da, als es den Anschein hat. Alles Gute riecht ja auch nach Mensch: Das Wasser, das Futter, alles, was wir ins Gehege geben.

Ich hatte schon schwerkranke Wildmäuse, die sich hingebungsvoll säubern und füttern ließen, aber keine Handaufzuchten waren. Da denke ich mir oft, dass die Mäuse verstehen, dass ihnen geholfen wird. Wir, also alle Säugetiere, teilen eine Erfahrung: Die Fürsorge einer Mutter. Gefüttert werden, gesäubert werden, gewärmt werden. Ich hatte immer den Eindruck, dass die kranken Mäuse meine unvollkommenen Hilfen wirklich als genau das verstehen, weil die Handlungen ihnen aus ihrer Säuglingszeit vertraut sind.

Viele Mäuse sterben in ihrer Gruppe. Warum manche im Sterben die Hand des Menschen suchen - nicht alles ist erklärbar. Manches bleibt ein Geheimnis und die Maus nimmt es mit ins Grab.

Für uns Menschen sind das kostbare Momente, in denen eine Grenze sich - für eine kurze Zeit - auflöst.
 
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