Gemeinsamer Geruch als Non Plus Ultra?

Das ist natürlich richtig: Wenn alles "läuft", dann ist die Farbmaus-VG offenbar wesentlich weniger aufwendig als so eine Ratteninti. Man muß aber ehrlicherweise zugeben, daß die ganze Abteilung VG hier im Forum voll ist von Problemfällen, die gar nicht so sehr am Anfang, sondern im späteren Verlauf der Vg auftreten und die immer wieder dazu führen, daß eine Vg irgendwann als gescheitert angesehen werden muß. Man sollte also auch die Mißerfolgsquote und damit den erheblichen Aufwand, den eine problematische VG macht, in die Überlegung miteinbeziehen.

Zu diesem Thema hatte ich einmal eine Untersuchung gelesen, in der es um genau das Thema aggressives Verhalten bei Mäusen ging. Das Ergebnis der Untersuchung (so weit ich das in Erinnerung habe) ging dahin, daß aggressives Verhalten erlernt wird und zu neuronalen Veränderungen im Gehirn des betroffenen Tieres führt, sich also das eingelernte Verhalten dann verfestigt, man könnte auch sagen, daß es irgendwann Teil der Persönlichkeitsstruktur des Tieres wird.

Nach meiner persönlichen Theorie, die auch zu dieser Untersuchung paßt, sind Mäuse nicht einfach per se aggressiv oder unterwürfig und es scheint in vielen Fällen eher ein Ergebnis zufälliger Ereignisse zu sein, ob sich so ein Verhalten herausbildet. Wenn auf eine bedrohende Geste die andere Maus quietschend davonläuft, ist es leicht, sie zu verfolgen, weil sich die verfolgte Maus ja nicht wehrt. Je öfter das passiert, desto stärker verfestigt sich dieser Verhaltensablauf, einfach weil die Maus "lernt", daß ihr aggressives Verhalten funktioniert und irgendwann hat man dann plötzlich eine "Aggro-Maus" und eine "Opfermaus".

Mir scheint, daß Mäuse sehr nachtragend sind und sich sehr genau merken, wie sich andere Mäuse ihnen gegenüber verhalten. An dieser Stelle bekommt dann die erste Begegnung zwischen den Mäusen eine herausragende Bedeutung. Möglicherweise entscheidet sich sehr früh, wie die Mäuse aufeinander reagieren.

Je entspannter, angstfreier und ruhiger diese erste Begegnung abläuft, desto höher schätze ich die Chancen ein, daß solche "Fehlprägungen" vermieden werden können.

Also müßte alles, was Angst und Panikreaktionen bei der ersten Begegnung vermindert, die Chance auf eine erfolgreiche VG erhöhen. Aus diesen Überlegungen heraus habe ich versucht, die VG-Methode zu modifizieren.

Wenn die Mäuse die Gelegenheit haben, ein neutrales Territorium erst einmal in Ruhe kennen lernen zu dürfen, ehe sie auf die anderen Mäuse treffen, dann werden sie sich bei der späteren Begegnung sicherer fühlen, weil ihnen das Terrain bekannt ist. Damit ist die Situation für die Maus weniger angstbesetzt.

Wenn die Mäuse erst einmal die Gelegenheit haben, den Geruch der neuen Mäuse in Ruhe untersuchen zu können, ohne gleich mit den neuen Mäusen konfrontiert zu sein, dann werden sich die Mäuse bei der echten Begegnung zumindest am Geruch "wiedererkennen". Auch das kann zu einer Reduktion von Angst führen.

Wenn die Mäuse nicht gleich mit 10 neuen Mäusen auf einmal zusammentreffen, dann entsteht weniger Aufregung und die Mäuse haben eher die Gelegenheit, sich in Ruhe kennen zu lernen. Auch das könnte das Auftreten von angstbedingten Panikreaktionen, Angriffen oder Fluchtverhalten reduzieren.

Bei meinen Versuchen waren die Mäuse zwar aufgeregt, aber in der Regel nicht panisch. Sobald ich den Eindruck hatte, daß eine Maus von der Situation "überfordert" ist, habe ich sie aus der Situation entfernt. Ich habe versucht, jede Auseinandersetzung zwischen den Mäusen zu vermeiden, um möglichst zu verhindern, daß eine Maus eine "schlechte" Erfahrung mit einer anderen Maus macht.

Je weniger Mäuse auf einmal aufeinander treffen, desto einfacher wird es, die Interaktionen zwischen den Mäusen zu beobachten und notfalls regulierend einzugreifen. Außerdem kann man die Unterschiede im Verhalten der Mäuse viel genauer einschätzen und in seine Überlegungen einbeziehen.

Alle Mäuse haben sich auch sehr schnell wieder beruhigt, wenn sie in ihr ursprüngliches Territorium zurückgesetzt wurden. Als dann die Gruppen vollzählig aufeinander trafen, kannten sich im Grunde alle Mäuse bereits.
Viele Grüße
Fufu
 
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ich gehe bei den vielen VG-Problemen von kombinierten Ursachen aus.
- wenig Erfahrung vom Halter
- wenig Vorahnung/Einschätzung, wie die neuen Mäuse ticken
- falsches Tempo (zu schnell/zu langsam)

ich unterstütze deine Meinung: Farbis sind nicht per se doof/VG-schwierig. Die werden so "erzogen" - durch sich selbst, durch erlebte VGs etc.
je gefestigter der angelernte Charakter/Verhalten ist, desto schwieriger wirds, die Mäuse zusammenzubekommen.
Mit Jungtieren, die auch zusätzlich keine Rangansprüche stellen, hat man deswegen wohl ein so leichtes Spiel.
Unmöglich wirds dann aber nicht - man muss nur gucken, beobachten und einschätzen (Wer mit wem, auf welche Weise etc).

Ich gebe z.B. deswegen der offensichtlich schwachen Partei einen Vorsprung.
(z.B.dürfen Omis als erstes ins VG-gehege und sich schonmal 10 Minuten umsehen. Erst dann kommt eine Maus nach der anderen langsam dazu).

ich glaube, wir sind uns einig, dass VGs nie nach Schema oder Plan ablaufen.
Den einen gibt man schnell Platz, dafür wenig Inventar.
Anderen gibt man mehr Inventar, weil sie das offensichtlich besser aufnehmen, als zu viel Platz.
Anderen kann man eine Zeit lang alles anbieten, bloß kein Häuschen...

natürlich gibts Wahrscheinlichkeiten (Alles, was einen Eingang hat, kann verteidigt werden. Wenn man mit Platz/Inventar abwechselt, kann man nicht so falsch liegen. etc), aber das ist keine 100% Garantie.

ich lasse- im Gegensatz zu dir, Fufu - meine Mäuse ihren Streit austragen. ich gehe da nur dazwischen, wenn es zu "kopflos" wird, zu aggressiv.
Ein "ich scheuch sie von a nach b,weil sie nervt" unterbinde ich nicht.

Da führen viele Wege nach Rom- Farbis verzeihen einem doch viel und passen sich an.
Ich setze immer direkt zusammen und lasse sie zusammen. Ich hatte noch nie eine VG, bei der ich daran gedacht habe, sie wieder zu trennen (Ratten-Inti).
Weil sie sich bisher immer verstanden haben und schnell (innerhalb von 2 Tagen)ein unstressiger Zustand geschaffen wurde.
 
... also ein einfaches Scheuchen würde ich auch nicht unterbinden. :D Eher wenn eine Maus sich aufrichtet und anhaltend angstvoll piepst und die andere trotzdem nicht von ihr abläßt. Aber das ist nicht der wesentliche Punkt.

Was ich schwer einschätzen kann ist, ob die Standard-VG-Methode einfach aus der Summe der Erfahrungen optimal an Farbmäuse angepaßt ist, oder ob sie bei erfahrenen Haltern nur deshalb so gut funktioniert, weil die mit ihrer Erfahrung die Schwächen der Methode "ausbügeln" (:D)? Oder ob "meine" Methode bei mir so gut funktioniert hat, weil ich einfach Glück hatte und die Konstellation günstig war, oder an meinen Überlegungen wirklich was dran ist? Kann es sein, daß eine Methode vielleicht auch deshalb gut funktioniert, wenn sie zum Halter paßt? *grübel*

Meine bisherigen drei Standard-VG´s waren bei einer Gruppe erfolgreich (total liebe Mäuse allesamt), bei zwei Vg´s gab es große Probleme. Also ich kann mich nicht als erfahren einstufen. Von daher kann ich auch die Methoden nicht wirklich vergleichen. Interessant würde es erst, wenn jemand, der wirklich sehr viele VG´s gemacht hat, diese Anregungen ausprobiert, weil der dann am ehesten die Unterschiede (welche auch immer) im Vergleich der Methoden wahrnehmen würde und auch einordnen könnte.

Gerade das Variieren des Prinzips vom neutralen Boden könnte man recht leicht umsetzen, indem man die Gruppen nacheinander in dem VG-Bereich probelaufen läßt und dann sieht, ob die anschließende Begegnung ruhiger abläuft.

Für mich gesehen, werde ich "meine" Methode sicher weiter verfolgen, einfach weil ich damit bisher bessere Ergebnisse erziele und mir das Vorgehen wohl auch liegt. =)
Viele Grüße
Fufu
 
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