Hallo,
mit "Rasieren" ist heftiges Putzen einer anderen Maus gemeint, das zum Fellverlust führen kann. Typische Stellen sind Kopf, Schnauze (Vibrissen) und Nacken.
Daß Mäuse sich gegenseitig putzen, ist ganz normales Sozialverhalten.
Manchmal kommt es aber vor, daß eine Maus aus einer Gruppe eine andere oder mehrere andere Mäuse so heftig putzt, bis das Fell an der Stelle ausgeht. Eine solche Maus siehst du zB hier, die Vibrissen fehlen:
Daß Mäuse, während sie von einer anderen geputzt werden, dabei gelegentlich piepsen, ist auch völlig normal. Was genau das bedeutet, wissen wir Menschen leider nicht, es kann zB heißen: "Etwas weiter links, bitte!" Vielleicht aber auch: "Aua, du putzt mich zu grob!" Vielleicht auch etwas völlig anderes, wer weiß? Allgemein wird hierbei vom "Putzpiepsen" gesprochen. Es sind hohe, ansteigende Einzeltöne, manchmal fast vogelartig gezwitschert.
Wenn eine Maus sich nicht wehrt, wenn sie geputzt wird, ist davon auszugehen, daß sie es toleriert. Ansonsten würde sie einfach ausweichen. Durchs heftige Putzen klären die Mäuse auch ihre Rangordnung: Der Ranghohe putzt den Rangniederen im wahrsten Sinne des Wortes herunter. Es ist eine nette Art, soziale Spannungen innerhalb der Gruppe abzubauen. Der klassische Zwangsputzer ist eine ranghohe, aber nervöse und etwas unsichere Maus, oft sehr lebhaft bis hektisch.
Man kann das Verhalten als Verhaltensstörung bezeichnen, allerdings wird es in jeder Gruppe theoretisch vorkommen können, wenn es doch von innerartlichen Spannungen abhängt. Einige Züchter haben mal auf den Tisch geworfen, daß es eine erbliche Komponente geben könnte, was ich persönlich für deutlich gesagt Unsinn halte

. Erblich bedingt ist höchstens die Veranlagung einer Maus, nervös oder dominant zu sein (Charakterunterschiede), aber nicht dieses Verhalten. Unterstützend dazu fällt auf, daß Zwangsputzen:
- irgendwann spontan auftritt und nicht von Geburt an,
- irgendwann spontan wieder aufhört, wenn sich die Bedingungen verändert haben, manchmal aber auch nicht.
Es gibt Fälle, in denen Zwangsputzen auch durch äußere Umstände beeinflußt wurde, so daß man versuchen kann, dagegenzusteuern:
- Mäuse langweilen sich, weil sie in einem Miniknast wohnen -> Gehege vergrößern
- Mäuse langweilen sich, weil sie in einer Zweiergruppe leben und beide stark aufeinander bezogen sind, ohne wirklich gute Freunde zu sein -> Gruppe vergrößern, damit der Zwangsputzer seine Putzwut an mehreren Tieren ausleben kann
- Mäuse langweilen sich durch eintönige Umgebung -> mehr Spielzeug und Beschäftigungsmöglichkeiten bieten
Manchmal kann man das Verhalten aber nicht äußerlich beeinflussen, weil die Mäuse von den Charakteren her soziale Spannungen innerhalb der Gruppe eben momentan durch heftiges Putzen abbauen.
Bei mir selbst haben alle Zwangsputzer dieses Verhalten irgendwann wieder eingestellt, nachdem die Gruppenzusammensetzung sich geändert hatte bzw. nachdem Mäuse, die zuvor in extremem Platzmangel leben mußten, mehr Platz und mehr Beschäftigung erhielten. (Die einzige Ausnahme bleibt die oben gezeigte Maus, diese müssen in einer Zweiergruppe leben, weil es sich um verhaltensgestörte Labormäuse handelt, die nicht mit anderen Mäusen vergesellschaftbar sind, leider.)
Wenn es sich bei dir ums Rasieren handelt, könntest du versuchen, die Gruppe zu vergrößern. Auf wieviel Platz leben die Mäuse, haben sie Beschäftungsmöglichkeiten? Da du aber bisher keine kahlen Stellen gefunden hast, klingt das erst mal nicht nach Rasieren, sondern nach ganz normalem Putzen und Piepsen dabei. Das kommt in jeder Mäusegruppe jeden Tag vor. Solange niemand den anderen beißt und keiner permanent gejagt wird, scheint es sich um normales Maussozialverhalten zu handeln.