Edit vorneweg: Das ist mal wieder ein ziemlich langer Post. Bitte lies ihn trotzdem, Julchen. In Ruhe.
Es geht nicht um Erfahrenheit oder Unerfahrenheit. Unerfahren waren wir alle mal, und viele von uns haben anfangs aus Unwissenheit eine Menge Fehler gemacht. Mich absolut eingeschlossen. Wenn Du willst, kann ich Dir gerne mal in einer PN von meinen Anfängerfehlern berichten. Ich habe sie nicht vergessen, und daraus gelernt. Mir läuft´s heute noch kalt den Rücken runter, wenn ich daran denke, was meine ersten Tiere an den Fehlern ihres Halters ausbaden mussten.
Was mir hier aufstößt, ist (1.) ein Mangel an Einsicht und (2.) ein Mangel an Weitsicht.
Einsicht in dem Sinne, dass man auch das Gefühl hat, dass Du aus den Fehlern lernst. Das hatte ich bisher nicht, bisher kam nur "jaaa, ist jetzt halt passiert, kann ich auch nicht mehr ändern", "war ja nicht meine Schuld, woher hätte ich das wissen sollen" und "was wollt ihr eigentlich, ich hab halt nicht mehr Zeit und/oder Geld". Kein Engagement in der Richtung von "weiß zwar noch nicht wie, aber ich werd das irgendwie hinbekommen, ich finde einen Weg". Ich habe eher das Gefühl, es ist Dir alles ein bißchen zuviel, und fordert ein bißchen zuviel von Dir.
Das hat schon mit dem Platzproblem angefangen. Wenn kein Platz da ist, muss man halt welchen schaffen. Einige User hier haben auch Mäusegruppen im Esszimmer und in der Küche stehen, und das sind sehr ordentliche, saubere Leute. Es geht also. Das ist eines der Prinzipien hier: der Großteil der User ist idealistisch und reißt sich den Arsch für die Mäuse auf. Bei so kleinen, weitgehend lobbylosen Tieren wie Farbmäusen muss man das auch, wenn man etwas erreichen will.
Aber eines stimmt natürlich: jeder hat auch irgendwo seinen Stolz. Vielleicht bist Du inzwischen etwas zu sehr in der Defensive, um Zugeständnisse machen zu können, gleich welcher Art. Dann bitte, komm da wieder raus. Dies ist das Internet. Du sitzt niemandem von uns von Angesicht zu Angesicht, und was immer geschrieben wird, Du brichst Dir keinen Zacken aus der Krone. Das ist eine der wunderbaren Erfahrungen, die man hier machen kann.
Musste ich auch erst lernen. Ich kann nämlich auch verdammt stolz sein. Inzwischen hab ich aber sogar Rike´s (mausemami) teils schmerzhafte Seitenhiebe nicht nur gelernt, zu tolerieren, sondern sogar zu schätzen.
Genau das, was einem anfangs heftig erscheint, die unverblümte Kritik, kann nämlich auch sehr hilfreich sein. Glaub nicht, dass wir längeren User hier über Kritik erhaben sind. Ganz im Gegenteil. Das Forum hat hier eine wunderbare Leit- und Lenkfunktion. Gerade ich als nicht ganz so konformer User habe das erfahren müssen und dürfen. Wenn man sich darauf einlässt, und erkennt, dass es tatsächlich dem Besten sowohl der Tiere als auch der Halter dient, kann man das wunderbar nutzen, und lernt es vor allem zu schätzen. Dann drängt es einen nicht mehr in die Defensive, sondern ist höchst konstruktiv.
Teil 2 - die Weitsicht. Die ist gerade in der Mäusehaltung unheimlich wichtig. Mäuse haben eine sehr absehbare Lebensspanne und ein sehr gut einschätzbares Verhalten. Dadurch kann und muss man vorausschauend handeln. Ich hatte mich gleich gewundert, als Du das Foto von Deiner Kommode mit den beiden Aquas drauf gezeigt hattest, "huch, die stehen aber nah beisammen". Allerdings war ich davon ausgegangen, dass da normalerweise Deckel drauf sind, die Du fürs Foto entfernt hattest, weil man sonst durch die Beleuchtung nichts mehr gesehen hätte.
Dass die Aquas aber offen standen, forderte einen "Mäuseaustausch" geradezu heraus. Bis weit oben eingerichtet, keinen Deckel, junge Mäuse springen ganz hervorragend - Du hast Glück, dass das nicht schon früher passiert ist, und dass nur zwei der Damen zu den Herren gewandert sind, und nicht die Herren zu den Damen gekommen sind. Dann wäre das Problem noch größer geworden.
Mäuse sind nunmal "Geruchstiere". Das ist bekannt. Wenn fertile Männchen so nahe an Weibchen stehen, und sich die Tiere gegenseitig riechen, versuchen sie auch, zueinander zu gelangen. Und wenn junge Mäuse bis nahe an den Rand eines Aquas klettern können, ist es für sie auch kein Kunststück, mit einem kleinen Hopser hochzuspringen. Vermutlich sind sie nicht mal rübergeklettert, sondern haben das Gleichgewicht verloren und sind einfach drüben reingeplumpst. Da hattest Du noch Glück, dass sie auf der richtigen Seite gelandet sind - ansonsten hättest Du sie in der Wohnung laufen gehabt.
Zur Weitsicht gehört auch, sich vorher - vor der Anschaffung, vor allen möglichen Ereignissen - eingehend zu informieren. Das ist für Dich hier ganz leicht: es gibt das Forum und das Mausebande-Wiki, beides inzwischen Quellen an Wissen, wo man so ziemlich alles erlesen und lernen kann, was man zu einer Farbmaushaltung braucht. Das gab´s, als ich meine ersten Mäuse hatte, noch nicht. Da hatte ich nichtmal Internet.
Dazu gehört natürlich auch, das gelesene zu überdenken, sprich, auf die eigene Situation zu übertragen und anzuwenden. Gerade das kann einen vor diversen folgeträchtigen Fehlern bewahren. Das hängt wieder mit der vorhin angesprochenen Eigeninitiative zusammen, mit dem eigenen Engagement.
So, genug geredet. Denk einfach mal in Ruhe drüber nach. Du wirst Deine Mäuse noch viele Monate lang bei Dir haben. Diese Zeit ist für alle, für Dich und Deine Mäuse und Deine Familie, am schönsten, wenn Du diese Ratschläge zumindest ein bißchen annimmst. Eigne Dir Wissen an, damit Du Dich mit Deinen Tieren auskennst. Wende das Wissen vorausschauend auf Dich, Deine Tiere und Deine Situation an. Engagieren Dich für Deine Tiere, auch gegen Widerstände.
Und versteh, dass Dir hier niemand böse will. Wir versuchen zu helfen. Manchmal etwas unsubtil. Und manchmal, wenn wir den Eindruck haben, das Gegenüber einfach nicht richtig zu erreichen, versuchen wir, es aus der Reserve zu locken. Um helfen zu können.