Hallo,
jetzt aber…
Das Problem etwas aufgedröselt für die stillen Mitleser:
Nahezu alle Wirbeltiere bilden Vitamin D selbständig, indem 7-Dehydrocholesterol (vorhanden in der Haut) durch Sonneneinstrahlung (korrekter: durch UVB-Strahlung) zu Vitamin D3 ( = Cholecalciferol) umgebaut wird. Den genauen chemischen Vorgang möchte ich jetzt nicht abtippen, wer sich dafür interessiert, findet Genaueres
hier.
Um Cholecalciferol zu bilden, wird also UVB-Strahlung benötigt. Durch Fensterscheiben wird aber ein Großteil davon abgefangen. (Das Thema "Glas" ist ein ganz eigenes; Fensterscheibe ist nicht gleich Fensterscheibe. Dazu könnte jemand fachsimpeln, der davon Ahnung hat. Ich weiß jedefalls nicht, welche Fensterscheiben wieviel Prozent UVB-Strahlung hindurchlassen. Es gibt z.B. auch Fensterscheiben, bei denen zwischen zwei Glasscheiben eine PVB-Folie gelegt ist, der als zusätzlicher Filter dient; Hintergrund ist Schutz der Haut und Augen vor UV-Strahlung, Stichworte: Sonnenbrand, Hautkrebs).
Halten wir uns also zu wenig im Freien auf bzw. werden wir zu wenig UVB-Strahlung ausgesetzt, kann es zu einem Vitamin D3-Mangel kommen, der als Zivilisationskrankheit gilt. Zitat wikipedia:
Das endokrine Vitamin-D-System spielt eine wesentliche Rolle für die Regulierung des Calcium-Spiegels im Blut und für den Aufbau einer physiologischen Knochenarchitektur. Ein Vitamin-D-Mangel führt zu einer Reihe Veränderungen im Stoffwechsel, die mittelfristig zu den Krankheiten Rachitis bei Kindern und Osteomalazie bei Erwachsenen führen.
Die Situation: Tiere, die ausschließlich in Innenräumen gehalten werden, bekommen keine oder nahezu keine UV-Strahlung ab, es sei denn, man beleuchtet ein Zimmer mit Vollspektrumlampen.
Die Hausmaus, von der unsere Farbmäuse abstammen, ist nacht- bis dämmerungsaktiv und von daher sowieso niemals einer hohen UVB-Strahlung ausgesetzt. Ich dachte daher bisher immer, daß Mäuse ihren Bedarf an Cholecalciferol über die Nahrung decken würden. Aber ist das wirklich so?
Vitamin D3 ist vor allem in Fettfischen enthalten. Lachs, Hering und Co. zählen aber nicht zum Grundnahrungsmittel der Farbmaus bzw. Wildmaus. Aber im Getreidekeim kommt ebenfalls Vitamin D3 vor, ein Getreidefresser wie die Maus könnte somit tatsächlich ihren Bedarf über die Nahrung decken. Zahlen dazu habe ich aber leider keine gefunden.
Entscheidend ist auch das Ca/P-Verhältnis. Günstig ist ein Calcium-Phosphat-Quotient von 1, einige Beispiele von
hier :
Petersilie (frisch): 1,91
Brennnessel (frisch): 1,67
Löwenzahn (frisch): 2,26
Zwei Zitate zum Thema aus ergiebigen Quellen zum Thema Ernährung der Farbmaus:
Text des
Ausschusses für Ernährung der Versuchstiere:
Für die Schnelligkeit des Auftretens von Vitamin D-Mangelerscheinungen sind Calcium und Phosphorgehalt sowie Ca/P-Imbalanzen der Diät mitentscheidend. Das Versuchsziel 'klinischer Mangel' kann schneller erreicht werden, wenn man bereits bei den Müttern der Versuchstiere den Vitamin D-Gehalt im Futter herabsetzt. Vor allem bei Meerschweinchen und Hamster scheint unter ausgeglichenem Ca/P-Verhältnis wenig Bedarf an Vitamin D zu bestehen. Dagegen ist das Kaninchen wiederum für Rachitis sehr empfindlich.
Nachweis: Schattenfreie Epiphysenfuge der Tibia.
Mangelsymptome bei allen Spezies: Symptome der Rachitis, d. h. schlechte Knochenmineralisation, erweiterte und nicht verkalkende Epiphysenfugen.
Und auf der Suche nach Bedarfszahlen lande ich oft
hier, bei einem Hersteller von Laborpellets für Versuchstiere:
Vitamin D :
AIN ist mit einer Dosis von 1‘000 IE Vitamin D / kg Futter formuliert. Die Tiere wachsen und vermehren sich dabei gut. 1‘000 IE / kg liegt jedoch wohl weit über dem effektiven Bedarf. Aber die NRC-Empfehlungen sind nicht niedriger, weil keine sensitiven Kriterien bestehen, mit denen man den Vitamin D-Status mit geringeren Aufnahmen bestätigen könnte. Die Maus scheint ziemlich unempfindlich gegen Rachitis.
Deswegen habe ich auch keine Online-Publikation zum Thema Rachitis bei Mäusen unter Normaldiät finden können.
Da es hier wirklich wenig verfügbare Texte gibt, bleibt mir nur als Fazit:
Mäuse werden als unempfindlich gegen Rachitis beschrieben.
Da sie nacht- bis dämmerungsaktiv sind, sind sie ohnehin sehr wenig dem Sonnenlicht ausgesetzt. Die Nahrung scheint hier den Bedarf an Vitamin D3 zu decken.