Hallo,
es ist ganz normal, wenn Kastraten sich noch für Böcke halten.

Die meisten Kastraten wissen nicht, daß sie kastriert sind --- letztlich läßt man sie ja kastrieren, damit sie untereinander nicht mehr aggressiv sind und auf viel Platz gehalten werden können bzw. um Einzelböcken überhaupt Gesellschaft zu ermöglichen. Die Aggression zu anderen männlichen Mäusen wird durch die Kastration ganz eindeutig gehemmt bzw. beendet (Kastratengruppen sind so friedlich wie Mädelsgruppen, oft sogar weniger zickig), der Fortpflanzungstrieb bleibt aber meistens bestehen. Woraus wir wieder mal lernen: Sexualität ist keine Sache, die allein von (Geschlechts-)Hormonen gesteuert wird.
Wer viele Kastraten und über Jahre hinweg Mäuse hält, wird sehen, daß es große Unterschiede gibt: einige tun "es" nie, andere erst irgendwann später, wieder andere schon kurz nach einer VG mit Mäusemädchen. Es hängt sehr von den jeweiligen Mäusen ab.
Wie die Weibchen reagieren, ist auch sehr unterschiedlich: einige Kastraten sind nämlich ganz klar Favoriten der Mädels

, andere animieren eher zum Kreischen und Weglaufen und werden, wenn sie aufdringlich bleiben, auch rabiat weggeboxt.
Dazu muß ich eines betonen:
Natürlich besitzt auch die Farbmaus wie alle Tierarten ein arttypisches Balzverhalten, aber das gesamte Verhaltensspektrum zu diesem Gebiet ist erstaunlich wenig erforscht, denn größtenteils findet es außerhalb der menschlichen Erlebbarkeit statt. Wissenschaftlich erwiesen ist, daß Mäuseböckchen für ihre Damen singen (sic!), aber da sich die Unterhaltungen/Lieder (ich schreibe Lieder, weil es sich tatsächlich um Strophen handelt) außerhalb des menschlichen Hörbereichs abspielen, wissen wir erst seit kurzem davon. Eine Hörprobe gibt es hier:
Gesang in Strophen: Mäuse zwitschern für Sex - Wissenschaft - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten
Auch für mich war diese neue Erkenntnis völlig beeindruckend.
Mäusemännchen tragen den Damen also Lieder vor, was zum mausigen Balzverhalten gehört. (Und wer so ein Phantasiekopf ist wie ich, stelle sich dann vor, was Herr Maus inhaltich Frau Maus so alles zu erzählen weiß --- darüber könnte ich Bücher zusammensinnen...) Ich glaube sogar zu wissen, in welchen Situationen Mäuseriche singen: wer seine Gruppen häufig beobachtet, kennt Szenen, in denen Kastraten vor/neben Weibchen sitzen bleiben und mit leicht erhobenem Kopf zu wittern scheinen, auf den menschlichen Beobachter wirkt das etwas rätselhaft (warum läuft er nicht weiter?) --- vielleicht trägt er ja gerade ein Liedchen vor? Ich jedenfalls bin fest überzeugt: diejenigen unter meinen Kastraten, die bei den Mädchen am besten ankamen (Flokati, Pegman, Sindbad, Miro...), waren bestimmt gute Sänger, beweisen kann ich das natürlich nicht im entferntsten --- wie gerne würde ich meine Mäuse mit Spezialmikrophonen belauschen!
Davon abgesehen umwerben Böckchen ihre Damen auch durch Gesten, ganz typisch: Mäuserich umkreist Mäusedame, stupst sie leicht mit der Schnauze an, putzt sie hingebungsvoll. Die netten, zärtlichen Putzer sind zumindest hier bei mir in Maushausen immer Frauenschwarm! Wohingegen Kastraten, die einfach nur poppen wollen, aber nicht mit der Mäusefrau kuscheln, eher unbeliebt sind. Flokati zB hat abwechselnd die Mäusedame geputzt und ihr-wißt-was-ich-meine und saß ewig neben ihr, sie lief auch nicht etwa weg...
Viele Kastraten beglücken die Damen am Anfang häufiger, es läßt nach, wenn sie älter werden (und länger kastriert sind) --- aber bei einigen auch nicht, die sind mit 2 Jahren immer noch Casanovas.
Zwar werden weibliche Mäuse theoretisch alle paar Tage empfängnisbereit, aber die Kastraten beglücken sie nicht so oft, sondern in eher größeren Abständen, geschätzter durchschnittlicher Turnus pro konkreter Mausdame: ca. 2 Wochen. Dann wundert man sich, weil plötzlich so viel los ist im Gehege...