HALT!
Könntet ihr BITTE mit dem Zerfleischen einhalten, und erst einmal auf weitere Informationen warten? Und selbst wenn Hoffe´s Konzept auf grundsätzliche Ablehnung stößt, ist es sinnvoller, das ruhig, gesittet und rational zu erklären. Wenn ihr Hoffe zerfleischt, könnt ihr nicht mehr mit Einsicht rechnen. Wahrscheinlicher wird Hoffe abblocken und hier einfach verschwinden. Damit ist wirklich keinem geholfen.
(Achtung, längerer Text. Aber, Hoffe, bitte lies ihn. Er stammt von jemandem, der früher ganz ähnlich dachte wie Du. Und der samt seinen Tiere einiges an Lehrgeld zahlen musste.)
Zunächst einmal ist eine gezielt Mäusezucht nicht grundsätzlich zu verurteilen. Ich kann mich aber erinnern, anfänglich auch etwas angefahren worden zu sein (wenn´s auch noch nicht so heftig war).
Zweitens kann sich nicht jedermann - besonders nicht jeder Mann - mit dem Gedanken an eine Kastration rundweg anfreunden. Erging mir nicht anders. Auch wenn ich einer derjenigen bin, die immer wieder Rationalität predigen - man hat doch so seine Ansichten. Und wenn´s um unsere besten Teile geht (oder äquivalente Anatomie anderer und damit verbundene Fähigkeiten), sind diese Ansichten äußerst starr.
Wenn ihr also einen Kastrationsgegner vom Gegenteil überzeugen möchtet, ist eine gute - und einfühlsame - Argumentation angebracht.
Das beste Argument hier ist sicherlich: Es funktioniert! Es funktioniert unglaublich gut. Selbst ich (und ich hab mich wirklich, wirklich vor dem ersten Kastrationen gegruselt, und grusle mich immer noch ein wenig) konnte auf den ersten Blick erkennen, wie gut es den Kerlen danach im Vergleich zu zuvor ging. Ihrem Leben fehlt nichts! Sie haben nicht weniger Spaß. Sie sind nicht weniger zufrieden. Im Gegenteil. Sie haben das Bedürfnis dieser exquisiten Freude nicht mehr - und entbehren dieser deshalb auch nicht. (Genau das finde ich so gruslig - aber aus der Menschensicht. Ich habe gelernt, dass die menschliche Sichtweise gerade hier nicht, überhaupt nicht, auf Mäuse anwendbar ist)
Keine anderen Mäuse, oft nicht einmal Weibchen, sind so freundlich, ausgeglichen und sozial wie Kastraten. Oh, sie sind deshalb nicht träge oder langweilig, ganz im Gegenteil. Sie sind noch ebenso agil, ebenso frech, neugierig, manche werden ebenso zahm... nur die gelegentlichen Zickereien, die man von Weibchen kennt, entfallen. Es hat sowas Harmoniehütte-mäßiges. And they lived happily ever after...
Trotzdem könnte man argumentieren: Aber ihrem Leben fehlt eindeutig etwas - der Sinn. Der Sinn einer männlichen Maus ist es doch, sich zu paaren, und der Sinn einer weiblichen Maus, zu werfen. DAS ist aber ihr Sinn in der Natur - die Arterhaltung. In dem Moment, in dem eine Spezies domestiziert und damit aus der Natur entfernt wird, erlischt dieser Hauptsinn des Lebens und verkommt zum unerheblichen Nebenzweck. Die Fortpflanzung ist nicht der Lebens-Sinn und Zweck von Farbmäusen.
Und letztlich ist die ganze "Sinn-" Argumentation für die Mäuse selbst unerheblich - denn die können sich nicht daran beteiligen. Es ist eine reine Grundsatz- und Moraldebatte zwischen Menschen.
Fragen wir doch mal - rein hypothetisch, versteht sich, die Mäuse-Kerle. "Was wollt ihr - ein Leben größtenteils in Einsamkeit oder in ständigem Kampf gegen eure Konkurrenten? Oder ein Leben mit besten Kumpels und Mädels und Grooming soviel ihr wollt?" (Die Sex-Frage müssen wir ausklammern, da sie sich für die Mäuse nach einer möglichen Kastration nicht mehr stellt - auch das Bedürfnis ist passé.)
Und betrachten wir die Alternative:
Männchen unter sich - funktioniert nicht. Nicht auf Dauer, und nicht auf annähernd anständigem Raum. Die Folgen wurden bereits dargestellt - was bei Ratten problemlos funktioniert, bei Meerschweinen funktionieren kann, endet bei Mäusen in fast allen Fällen mit wilden Gruppenbeißereien, regelrechten Putschen, Kleinkrieg im Mäusekäfig. Unkastrierte Männchen bekämpfen sich in der Regel gegenseitig bis zum Tod. Es sei denn, man hält sie unter Bedingungen, die eine Revierbildung ausschließen - dem Mäuse-Äquivalent einer Hühner-Legebatterie.
Männchen unter Weibchen - oh, funktioniert sehr gut, aber nur für 1-2 Monate. Danach hast Du zum einen eine Mäuseschwemme, die Du nicht mehr überblicken kannst (Stichwort "Tiermessie" - das geht bei Mäusen sehr schnell. Ich hab inzwischen einige solcher Fälle kennen gelernt), und zum anderen völlig ausgelaugte und kaputte Mäuseweibchen, die daran zugrunde gehen, dass sie viel zu früh und viel zu oft gedeckt werden. Wer Glück hat noch irgendwie einen Wurf hinbekommt, frisst seine Jungtiere nach Geburt aus schierem physischem Stress auf. Wer mehr Glück hat, abortiert (Absterben der Jungtiere im Mutterleib, gefolgt vom Abstoßen) oder erleidet Frühgeburten (mit schweren Schäden der Jungtiere verbunden, sie zum sofortigen Gefressen-werden führen). Wer weniger Glück hat, erleidet eine missed abortion (Absterben der Jungtiere im Mutterleib, ohne Abstoßung der Feten) und stirbt einen grausigen Tod an den entstehenden Leichengiften.
Fazit:
Mäuse zu züchten ist nicht so einfach, wie es klingt. Mäusezuchten tendieren dazum einem ganz, ganz schnell über den Kopf zu wachsen, mit fatalen Folgen für Mensch und Maus.
Es ist aber durchaus möglich, Mäuse auf vernünftige Weise zu züchten - etwa als Futtermäuse. Das erfordert aber eine erhebliche Planung und Logistik seitens des Halters. Da muss der entsprechende Platz vorhanden sein, müssen sichere Abnehmer aufgetan werden, muss gewährleistet sein, dass die Zucht nicht gewerblich wird, muss ein strikter Zuchtplan eingehalten werden, müssen sichere Wurfkontrollen durchgeführt werden, müssen die Tiere (vielleicht sogar noch mehr als in reiner Haustierhaltung) gesund erhalten werden... und neben der ganzen Arbeit am Tier muss noch ein Berg von Verwaltungsarbeit und Logistik bewältigt werden.
Schau mal auf Angelus Noctis´ Homepage - da findest Du ein sehr gutes (und damit auch sehr anspruchsvolles) Zuchtkonzept. Wenn Du diese Auflagen und Anforderungen erfüllen kannst - dann kannst Du züchten. Immer vorausgesetzt, die Nachfrage regelt das Angebot (d.h., Du hast nur so viele Würfe, wie Du auch von vornherein unter bekommst).
Bedenke, Hoffe, bei Deinem Vorhaben neben Deinem eigenen Vergnügen immer auch die Folgen für die Tiere. Es muss dem Halter gut mit seinen Tiere gehen, und es muss den Tiere gut bei ihrem Halter gehen.
Über Risiken und Nebenwirkungen solltest Du nun einigermaßen aufgeklärt sein. Jetzt schalte für einen Moment neben Gefühl auch Logik und Vernunft ein, und entscheide - logisch und vernünftig.