Tatsächlich wird der Östrus
(Eisprung) der weiblichen Maus von der Anwesenheit einer männlichen Maus beinflußt. Ursächlich dafür ist aber nicht (oder nicht nur) das Testosteron der männlichen Maus, sondern vielmehr deren Urinproteine.
Mäuse scheiden mit ihrem Urin verschiedene Stoffe aus, die sogenannten Urinproteine, die mit vielfältigsten Wirkungen in Zusammenhang gebracht werden. Unter anderen wird bei Anwesenheit dieser männlichen Urinproteine der Östrus (Eisprung) der weiblichen Mäuse beeinflußt. Urinproteine sind Eiweißstoffe, die wie eine Art Gefäß dann mit verschiedenen Geruchsstoffen (u.a. Pheromonen) "gefüllt" werden können.
Zitat: "In Einzelhaltung ist der Zyklus der Maus regelmäßiger als in Gruppenhaltung. Hält man die Weibchen in Gruppen ohne Bock, so neigen sie zur Anöstrie
(sie bekommen keinen Eisprung). Pheromone im Harn der Böcke führen zur Östrussynchronisation der Weibchen einer Gruppe. Dies bezeichnet man als Witten-Effekt."
Diese Urinproteine können sogar eine Einnistung des Eis (Nidation) in die Gebärmutter verhindern, wenn das Böckchen "ausgetauscht" wird.
Zitat: "Tauscht man nach der Verpaarung den Bock gegen einen anderen aus, so kommt es in über 90% der Fälle nicht zur Implantation der befruchteten Eizellen. Nach Untersuchungen von DOMINIC (1966) reicht bereits die olfaktorische
(durch den Geruch) Stimulation der Weibchen mit frischem Urin eines fremden Böckchens aus, um in 80% der Fälle eine Eiimplantation zu verhindern (zitiert nach MEYER, 1973). (Aus Dissertation: Zuchtdaten zu Körpergewicht, Fruchtbarkeit und Aufzuchtleistung der Schleißheimer Mäusestämme zwischen 1990 und 2001, Marina Anna Belle, München 2004).
Aus dem Einfluß dieser Urinproteine auf den Eisprung läßt sich aber nicht rückschließen, daß sich Kastraten so einfach über eine "unerregte" weibliche Maus hermachen können. Der Deckakt der Männchen oder Kastraten wird wiederum durch den veränderten Geruch der weiblichen Maus in der fruchtbaren Phase ausgelöst, also in einer Phase, in der die weibliche Maus normalerweise den Deckakt auch duldet. Es ist schwer abzuschätzen, ob das auch bedeutet, daß die weibliche Maus "erregt" ist. Zumindest zeigen meine Beobachtungen, daß weibliche Mäuse in Gehege mit fremden Kastraten allein zum Zwecke der Verpaarung regelrecht einbrechen - also irgendetwas müssen die Mädels dann davon schon haben.
Die Wirkung der Urinproteine im männlichen Mäuseurin ist also dazu angelegt, den Eisprung der weiblichen Mäuse anzuregen und sogar zu koordinieren. Dazu reicht aber der Geruch, der mit den Urinproteinen auf die weibliche Maus wirkt. Wenn dann der Eisprung erfolgt und damit im Normalfall eine Paarungsbereitschaft bei der weiblichen Maus besteht, wird dies wiederum durch Geruchstoffe an die männliche Maus vermittelt, die daraufhin Versuche startet, auf die Maus aufzureiten.
Neben diesen Paarungsversuchen - da gebe ich Mousyperson Recht - gibt es noch das geschlechtsunabhängige Aufreiten als Dominanzgeste.
Im Übrigen werben männliche Mäuse regelrecht um ihre Partnerinnen! Bekannt ist ja, daß Mäuse im nichthörbaren Bereich ähnlich wie Vögel "zwitschern". Offensichtlich werden dabei aber regelrechte Balzgesänge komponiert, die die angebetete Maus in Stimmung bringen sollen. =)
Zitat: "
Männchen singen um weibliche Gunst
Bei den Darbietungen der Vierbeiner
(Mäuseböckchen) handelt es sich offenkundig um Liebeslieder oder Werbegesänge, denn die schmachtenden Interpreten sind ausschließlich Männchen. Holy und Guo setzten ihnen in den Versuchsreihen Baumwollbausche vor, die zuvor mit dem Urin weiblicher Mäuse getränkt worden waren und deshalb Sexuallockstoffe des anderen Geschlechtes, sogenannte Pheromone, verströmten.
Aus fast allen Männchen brach es daraufhin abrupt hervor. Nur zwei der insgesamt 45 Gesangskandidaten entpuppten sich trotz des artgerechten Aphrodisiakums als mundfaul und schwiegen. Die Masse aber "sang minutenlang, fast ohne Ende", wie Timothy Holy ebenso erstaunt wie gerührt beobachtete. (...)
Bei näherer Begutachtung der Tonaufnahmen war Holy dann aber "regelrecht schockiert", wie er sagt. Denn es zeigte sich: Die männlichen Mäuse quieken nicht bloß vor sich hin, sondern tremolieren geradezu, und das "in einem erstaunlich breiten Frequenzspektrum zwischen 30 und 100 Kilohertz", sagt Holy im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. (...)
Die Mausmännchen jonglieren demnach mit einer ganzen Reihe verschiedener Tonsilben, die sie - so die Forscher - "keineswegs zufällig arrangieren". Sie variieren fortwährend die Stimmhöhe, ihre Lieder kennen unterschiedliche Strophen und haben sogar Refrains. Das ist das Ergebnis der umfassenden akustischen Analyse. "Die Lautäußerungen der Mäuse", folgert Timothy Holy, "erfüllen damit eindeutig die Kriterien von Gesang." (...)
Selbst Hausmaus-Halter könnten dazu beitragen, den Kreis der Liedinterpreten im Tierreich weiter auszudehnen. Wer wolle, solle sich ruhig einmal einen Fledermaus-Detektor besorgen und ihn vor dem Käfig seines Vierbeiners postieren. "Damit", glaubt Holy nach den jüngsten Erfahrungen mit seinen Laborzöglingen, "könnten sich durchaus Maustöne einfangen lassen."
Nachzulesen:
Gesang in Strophen: Mäuse zwitschern für Sex - SPIEGEL ONLINE
Viele Grüße =)
Fufu