"Es ist unmöglich Farbmäuse artgerecht zu halten"
Ich habe das zwar nicht gesagt, aber ich würde diesem Satz uneingeschränkt zustimmen.
Allein der Begriff ist für mich schon Widerspruch in sich: Welcher Tierart wird es denn gerecht gehalten zu werden? Es kann sich immer nur um die
Annäherung an einen artgerechten Zustand handeln.
Dann stellt sich die weitere Frage, ob man domestizierte Tiere überhaupt noch mit der ursprünglichen natürlichen Art vergleichen kann. Für mich sind domestizierte Tierarten keine natürlichen Entitäten mehr, allein schon deshalb, weil sie keinen natürlichen Selektionsdrücken mehr unterliegen.
Nun muss ich mich konsequenterweise weiterhin fragen, was es überhaupt bedeutet einer domestizierten Tierart gerecht zu werden. Ich nehme mal als Extrembespiel den Haushund: Ich denke, dass mir viele zustimmen würden, wenn ich sagen würde, dass man den aller meisten Hunderassen keinen gefallen tun würde, wenn man sie im Wald aussetzte. Andersherum würde ich aber Zustimmung darin erhalten, dass es nicht artgerecht wäre einen Wolf in Wohnungshaltung (oder Haushaltung mit Garten bzw. Hofhaltung) zu überführen. Dennoch sind alle Haushunderassen der Art
Canis lupus - sprich Wolf, zugehörig.
Sicherlich kann man das schwerlich mit der domestizierten Form der Hausmaus (sprich Farbmaus) vergleichen, da sie im Vergleich zum Haushund tausende Jahre weniger in menschlicher Zucht befindet. Dennoch würden mir denke ich auch hier viele Menschen zustimmen, dass eine wilde Hausmaus sich allein in ihrem Verhalten schon stark von der "ottonormal" Farbmaus unterscheidet (der Fakt, dass Hausmäuse als Kulturfolger per sé schon eine starke Abhängigkeit zur menschlichen Kultur entwickelt haben macht die Sache noch etwas komplizierter). Auch hier in der Mausebande kann man häufiger lesen (wenn auch nicht bewiesen), dass eine ausgesetzte Farbmaus zumindest gen Herbst/Winter draußen nicht lange überlebensfähig ist.
Wo hier die Grenze zu ziehen ist, kann man empirisch einfach nicht beurteilen, die Einschätzung dessen obliegt jedem Halter selbst. Was kann man einer Farbmaus zumuten und zutrauen? Entscheidet sie sich instinktiv noch für das Futter, welches ihr keinen Schaden zufügt? Ist sie noch in der Lage Gefahren und Risiken adäquat einzuschätzen? Ist sie physisch in der Lage (starke) klimatische Schwankungen unbeschadet zu überstehen? Mit welchem Gehegemaß werde ich dem Bewegungsdrang einer Farbmaus gerecht? etc.pp.
Hier im Forum geben wir zu den meisten der o.g. Fragen eine Empfehlung ab. Ich würde sogar so weit gehen, dass es gewisse im Allgemeinen anerkannte Normen gibt. Das heißt nicht, dass User, die abweichende Normen für sich festgelegt haben, grundsätzlich unerwünscht sind oder ausgeschlossen werden. Es heißt auch nicht, dass diese Leute auf Zwang umgepolt werden. Mit Meinungsverschiedenheiten und u.U. langwierigen und müßigen Diskussionen müssen sie allerdings rechnen.
Ich möchte an dieser Stelle eine Userin erwähnen, die sich gewissermaßen eine stille Akzeptanz erarbeitet hat: Sie züchtet Farbmäuse, wohlgemerkt Liebhabertiere! Du kannst dir denken, wie hart es für sie war, sich hier zu behaupten. Einen Großteil der Akzeptanz erreichte sie nur durch ihre wohl durchdachten und zurückhaltenden Beiträge bzgl. ihrer ("forums")kontroversen Ansichten.
Was ich damit sagen will: Ich habe gemerkt, dass du in letzter Zeit auch vermehrt darauf achtest, kontroverse Themen vorsichtig(er) zu behandeln. Dennoch, manchmal gewinne ich den Eindruck, dass du noch zu unbedarft gewisse Dinge ansprichst. Ich erinnere mich z. B. an einen Post (ich habe ihn leider nicht mehr gefunden und kann ihn daher nur sinngemäß wiedergeben), in dem du erwähntest, dass eine deiner Mäuse auch ab und zu, in der Küche herumliegende, nicht-mausgerechte Dinge fräße und dass es ihr ja bisher auch nicht geschadet hätte. Mag ja auch alles so sein, dennoch enthält so ein Post allein schon mehrere kontroverse Themen und vielleicht wäre es an so einer Stelle einfach besser darauf zu verzichten.
Ich will dir natürlich nicht den Mund verbieten, ein Forum dient grundsätzlich dem Meinungsaustausch, der auch beinhaltet, dass man nicht immer
einer Meinung sein muss. Aber wir müssen ja auch nicht unbedingt an mehreren Stellen und immer wieder die gleichen Diskussionen führen. Denn eines ist klar: Diese Dinge würden und werden immer wieder angesprochen und diskutiert werden, was auch gut so ist. (btw: Deine Geduld finde ich ja absolut bewunderswert *anbet* Viele andere hätten es schon längst aufgegeben). Weißt du wie ich das meine?
Zum Schluss würde ich dir gern auch konkret für deine Situation noch zwei Dinge vorschlagen, ob es wirken kann, kann ich nicht beurteilen, einen Versuch wäre es wert. Ich würde erstens versuchen den Bereich der Mäuse optisch klarer abzugrenzen z. B. mit einem Segeltuch oder einem Paravent. Das hätte natürlich keinerlei Hinderniswirkung, aber evtl. würde es auf die Mäuse ähnlich wie auf uns wirken?

Dass sie es gewissermaßen auch als natürliche Grenze akzeptieren?
Zweitens würde ich versuchen den Gehegebereich für die Mäuse noch attraktiver zu gestalten und gleichzeitig deinen Bereich unattraktiver (Essen/sreste sollte beispielsweise überhaupt nicht mehr zugänglich sein). Du bist wahrscheinlich kein Freund davon: Aber wie wäre es denn mit einem Laufrad im Gehegebereich? Ich erinnere mich nur an eine VZM hier im Forum, die aus ihrem Käfig ausgebüchst war und sich doch tatsächlich mit dem Laufrad einfingen ließ!

Trotz größtmöglicher Freiheit suchte sie zielsicher das extra aufgestellte Laufrad auf und radelte gemütlich
So, nun aber genug der Rede!
Viele Grüße
trulla
Edit: Ich habe zu lange für meinen Post gebraucht und hinkte etwas hinterher...
Ich muss noch mal was ergänzen: Und die Gefahr, die Beere angesprochen hat, besteht natürlich auch. Nämlich dass irgendwann eben doch nicht mehr darauf hingewiesen/darüber diskutiert wird, weil es zu müßig ist (oder man dessen müde wird oder aber auch eine Art "Betriebsblindheit" einsetzt) und dann gewinnen unerfahrene User vielleicht noch einen falschen Eindruck.