mensch trulla, das tut mir sehr leid mit Brösel...
Ich war die letzten Tage ziemlich eingespannt, daher habe ich das gar nicht mitbekommen - ich hoffe, nun ist es nicht zu spät...
Ich werde ihn allein gehen lassen. Ich denke, dass unsere Tiere das Sterben besser ertragen können als wir, genauso wie sie Schmerzen besser ertragen können. Daher denke ich, dass das Erlösen lassen eher so eine menschliche Sache ist (und ich denke nicht, dass ich in dem Fall Brösel damit einen Gefallen tun würde)...
Dieses Thema hat mich immer wieder sehr beschäftigt und ich schreibe dir mal von meinen Erfahrungen mit sterbenden (Menschen und) Tieren....
Ich denke grundsätzlich auch, dass Tiere das Sterben und Schmerzen anders "verarbeiten". Daher ist unser heutiger Umgang mit Euthansie bei Tieren natürlich ein "menschlicher" - ebenso wie unsere Interpretationen eines "guten Sterbens". Aus meiner Sicht gehört der Sterbeprozess zum Leben dazu und sollte weder Menschen noch Tieren genommen werden. (Wobei Menschen natürlich die Möglichkeit haben sich zu ihren diesbezüglichen Vorstellungen zu äußern und den Prozess mitzubestimmen - im Idealfall.)
Bei Paul I wollte ich es genauso machen, wie du dir das für Brösel wünscht, aber am Ende habe ich mich doch anders entschieden und die TA nach Hause geholt: Sein Sterben hat sich über eine Woche hingezogen - manchmal stirbt es sich eben doch sehr schwer!
Ich habe am Ende dann doch den Eindruck bekommen, dass er Schmerzen hatte. Und nach seinem Tod habe ich lange überlegt, ob ich ihm den Sterbeprozess nicht zu lange zugemutet habe und es für ihn besser gewesen wäre, wenn ich die TA zwei Tage vorher geholt hätte.
Aus meiner Sicht gibt es nämlich ein großes "Aber" beim Gedanken an ein "natürliches tiergerechtes" Sterben ohne menschliche Beeinflussung:
In der freien Natur hätte Paul vermutlich nicht so lange überlebt, sondern wäre schon Tage vorher die Beute eines Jagtieres geworden.
Bei einem Sterben in "Gefangenschaft" ist es schwer, von einem "natürlichen Tod" zu sprechen. Mit Medikamenten und Zufüttern tragen wir in der Regel dazu bei, das Sterben in die Länge zu ziehen - ohne Bewertung.
Und die Tiere kommen dadurch natürlich auch in körperliche Verfassungen, die sie in der Natur niemals mehr erleben würden.
Eine andere Erfahrung.
Paul II haben wir nur deshalb über vier Wochen lang mit der Spritze ernährt, weil er so gekämpft hat und meinem Gefühl nach unbedingt noch weiter wollte - sonst wäre er niemals so kooperativ gewesen!
Ich selbst hatte sehr früh das Gefühl, dass der Sterbeprozess begonnen hat.
Und er hat mir am Ende ein großes Geschenk gemacht: Ich hatte die TA zwei Tage vorher informiert und für den übernächsten Tag einen (vorläufigen) Hausbesuch zum Einschläfern vereinbart - mit der Option, den auch noch zu verschieben. Das entsprach meinem Zeitgefühl, wie lange er noch "gut" durchhält.
Und an dem Abend vor dem Termin hat Paul das Zufüttern verweigert, zum ersten Mal. Er hat mir gezeigt, dass es jetzt genug ist und dafür war ich so dankbar!
Ein Einschläfern in der TA-Praxis würde ich immer versuchen zu vermeiden, das ist aus meiner Sicht unnötiger Stress für die Tiere (und für die Menschen). Und soviel mehr kostet es nicht.
Ich habe bisher 3 Kaninchen zuhause einschläfern lassen und diese "Abschiede" sind sehr friedlich und ruhig verlaufen.
Eine Häsin starb alleine im Zuge eines Ecuniculi-Schubs, das war ein schneller, aber auch sehr heftiger Tod - und ganz plötzlich: Ein Schrei und dann zuckte ihr Körper sich in Krämpfen... es war gar keine Zeit, noch jemanden zu benachrichtigen, sondern wir sind einfach dabeigeblieben und haben aufgepasst, dass sie sich nicht verletzt, ihr Körper flog richtig in die Luft bei diesen Krämpfen.
Meine Hündin habe ich vor 25 Jahren in der TA-Praxis einschläfern lassen und das war eine grauenhafte Erfahrung - damals ist so ziemlich alles schiefgegangen und das Sterben hat sehr lange gedauert.
Ich kann dir nur raten: Vertrau auf dein Gefühl und sei achtsam - wenn du den Eindruck bekommst, das Brösel sich sehr quält, würde ich über eine TA-Unterstützung zu Hause nachdenken.
Und zum Thema "Schuld": Es ist zwar wichtig, sich zu fragen, ob alles anders gekommen wäre, wenn wenn mensch früher etwas bemerkt hätte... Aber es ist deshalb wichtig, weil wir dadurch lernen, bestimmte Dinge wahrzunehmen, vielleicht dann beim nächsten Mal "rechtzeitig" - das ist ein lebenslanges Lernen und es geht dabei nicht um "Schuld".
Du bist so aufmerksam deinen Tieren gegenüber und versorgst sie so gut, wie es dir möglich ist.
Wenn dieser kleine Körper so lange nicht ausreichend versorgt wurde, dann sind da sicherlich mehrere Sachen nicht mehr in Ordnung.
Das mag sein, vielleicht gibt es auch andere Gründe, warum Brösels Lebenszeit jetzt voraussichtlich begrenzt ist - und am Ende ist das warum "egal".
Viel Kraft wünsche ich dir!
